Eine Bahnstrecke wird „wachgeküsst“.

Siemensbahn

Siemensbahn

Die sogenannte Siemensbahn, eine stillgelegte S-Bahn Strecke im Westen Berlins verbindet das Zentrum der Hauptstadt mit dem Siemensgelände in Berlin darüber hinaus. Sie wurde 1927 bis 1929 errichtet, um die arbeitende Bevölkerung zu den Siemenswerken zu befördern. In den 80er Jahren wurde sie stillgelegt. Jetzt wird die Strecke im Rahmen der Initiative I2030 der Länder Berlin und Brandenburg wieder reaktiviert. [1]

 

Ein großer Teil der Strecke verläuft nach der Überquerung der Spree stadtauswärts als Hochbahn auf einem imposanten Stahlrahmentragwerk. Das Bauwerk steht unter Denkmalschutz und ist als Zeuge der Ingenieurtechnik seiner Zeit erhaltenswert.

 

Im Auftrag des Senates von Berlin werden zur Zeit von der Deutschen Bahn AG Planungen für die Sanierung der Brücke vorgenommen. Eine wichtige Eingangsinformation für die Planung der Wiederinbetriebnahme ist die Qualität des (Alt-) Stahls. Üblicherweise werden hierzu punktuell Bohrkerne oder andere kleine Probenstücke entnommen. Aufgrund der Gesamtlänge des Bauwerks und der Vielzahl einzelner Bauelemente wird diese Vorgehensweise im vorliegenden Fall als äußerst aufwändig eingestuft. Schwierigkeiten werden bei dieser Probenentnahmemethode hinsichtlich der statistischen Übertragbarkeit der Ergebnisse auf die gesamte Strecke erwartet.

Mit Hilfe eines neuen Verfahrens, das von der IWT-Solutions AG in Kooperation mit der Technischen Hochschule Mittelhessen in Giessen für einen solchen Einsatz entwickelt wurde, können die genannten Schwierigkeiten überwunden werden. In kurzer Zeit und mit überschaubarem Aufwand können eine Vielzahl genieteter Einzelbauteile zerstörungsfrei hinsichtlich der Stahlsorte gemessen werden. Durch Auswahl repräsentativer Schnitte durch verschiedene Bauteilachsen entlang der gesamten Strecke kann so ein repräsentatives Abbild der Stahlqualitäten ermittelt werden.

Entfernung der Korrosionsschicht

Feinbearbeitung der Messstelle

Messung mittels mobiler Funken Emissions Spektroskopie

Messung mittels mobiler Funken Emissions Spektroskopie

Messung mittels mobiler Funken-Emissions-Spektroskopie (kurz: OES)

 

Zum Einsatz kommt die mobile Funken-Emissions-Spektroskopie (kurz: OES). IWT-Solutions AG hat gemeinsam mit der Firma Hitachi High-Tech Analytical Science GmbH diese Methode für diese Messaufgabe angepasst. Gemessen wird die chemische Zusammensetzung des Stahls. Dabei wird als erstes mittels spezieller Verfahren die Korrosionsschicht sorgsam entfernt und die Oberfläche so vorbereitet, dass keine Kontamination der Messung durch Elemente aus dem Korrosionsschutz oder Korrosionspittings erfolgen kann. Die Messergebnisse wertet IWT in Verbindung mit vorhandenem Know-How über die die Besonderheiten industrieller Stahlherstellung zum Zeitpunkt der Bauwerksherstellung aus. Als Ergebnis wird eine Zuordnung zu den 1927 normativ bekannten Stahlsorten, wie St 48 oder St 34 vorgenommen.

 

Mit Hilfe des Verfahrens konnten 470 Messungen in kürzester Zeit mit relativ geringem Gesamtaufwand durchgeführt werden. Mit den Ergebnissen stehen dem Auftraggeber, der Bahn AG, somit zu einem frühen Zeitpunkt wichtige Informationen für die weitere Planung zur Verfügung.

 

Zusammenfassend kann man sagen, dass mit der neuen Methode ein leistungsfähiges und flexibles Verfahren zur Verfügung steht, dass im Bereich der Altstahlsanierung vorteilhaft eingesetzt werden kann und in der frühen Planungsphase wertvolle Daten liefert. Zu erwarten ist, dass dieses Verfahren auf Bauwerke aus Stahl aus allen Zeiten und Anwendungsbereichen wie Straßenbrücken, Industriestrukturen und Wasserbaustrukturen aus allen Zeiten angewendet werden kann.

 

[1] Die Länder Berlin und Brandenburg, Deutsche Bahn und VBB planen im Projekt i2030 eine bessere Schieneninfrastruktur für die Hauptstadtregion.

Weiterführende Informationen